Wohler Anzeiger, 26. März 2019
von Klara Bosshart-Schwaller
Sternensaal Wohlen, 24. März 2019, 10.30 Uhr
Pacific Quartet Vienna (Streichquartett)
Erzählerin: Fränzi Frick
Ein taiwanesisches Märchen
Schon beim Eintreten führt ein fernöstliches Bühnenbild Gross und Klein in eine andere Welt. Der Konzertfonds Wohlen hat in Zusammenarbeit mit dem Sternensaal zum Kinderkonzert eingeladen.
„Sonnenmondteich“ heisst ein musikalisches Märchen aus Taiwan. Es spielt ein hochkarätiges, international bekanntes Streichquartett. Aus Japan, Taiwan, Ungarn und der Schweiz sind die Musiker. Zuerst werden den Kindern die verschiedenen Instrumente vorgestellt. Yuta Takase und Eszeter Major spielen Geigen. Da werden vor allem die hohen Töne dieses Instrumentes kurz gespielt. Die etwas tiefere Bratsche spielt Chin-Ting Huang und am Cello ist Sarah Weilenmann. Dazu kommen ein Xylophon, Kastagnetten, eine Bambusflöte und ein Erhu, ein Streichinstrument mit nur zwei Saiten. Und selbstverständlich darf bei dieser Musik aus Asien eine Gongschale nicht fehlen.
Doch dann geht es mit frischen Einfällen und in bewegtem Rhythmus zum Märchen. Ein fernöstlicher Touch liegt in dieser Musik und doch ist sie nicht allzu fremd. Diese Mischung macht neugierig. Zur Spannung trägt auch bei, dass die Saiten zwischendurch gezupft werden. Fränzi Frick erzählt die Geschichte. Dazu zeigt ein Schattenspiel auf seine mystische Art das Geschehen. Im fernen Taiwan bestellen die Bauern ihre Felder, ernten Mais und Hirse, gehen fischen und jagen. Da erschreckt ein gewaltiges Beben die Menschen. Die Sonne ist verschwunden. Diesen Schock bringen die Streicher mit aufwühlenden, tiefen Klängen zum Ausdruck. Nach einem weiteren Beben ist auch der Mond weg. Es folgt eine zu Herzen gehende Melodie, gespielt auf dem Erhu, zart begleitet vom Zupfen des Cellos. Eine junge Frau und ein junger Mann wollen Sonne und Mond suchen. Denn ohne das Licht droht dem Land eine Hungersnot. Das Trippeln der emsigen Schritte zeigen die Kastagnetten. Dazu kommt ein ruhiger Musikfluss, welcher die stockdunkle Atmosphäre unterstreicht. Einfach wunderschön. Die zwei Menschen entdecken einen Teich. Liegen darin die Sonne und der Mond? Nein, über dem Wasser schweben zwei grosse, gefährliche Drachen, welche mit Sonne und Mond spielen wie mit zwei Bällen. Gemein, hinterhältig ist das. Das sagt auch die Musik dazu. Aggressiv, markig, ja fast gespenstisch spielen die Instrumente. Doch mit unerwarteten Harmonien künden sie etwas Neues an. Es ist weisser Rauch aus einer Höhle, worin eine alte Frau eine Suppe kocht, die sie den Drachen verfüttern muss. Das Mädchen und der junge Mann erzählen ihr, dass sie die Sonne und den Mond zurückholen wollen. Ihr habt keine Chance, sagt die alte Frau. Traurig werden die Klänge. Geheimnisvoll sind die Legati. Da wähnt sich auch das Publikum in der dunklen Höhle. Die alte Frau verspricht zu helfen und verrät einen Zaubertrick. In einem Berg versteckt sind eine goldene Schere und eine golden Axt. Davor haben die Drachen grosse Angst. Die zwei jungen Leute machen sich sofort auf den Weg. Da wird die Musik lebhaft und bringt Hoffnung und Suchen in schnellen Tonfolgen zum Ausdruck. Da sind lauter fröhliche Aufbrüche zum Cello-Klopfen. Tief in einer Höhle wird ein goldener Schimmer entdeckt. Lange Gongtöne erklingen, unterstreichen mit ihrem geheimnisvollen Klang das Leuchten von Schere und Axt. Doch über dem Teich spielen die beiden Drachen weiterhin mit Sonne und Mond. Unheimlich, lebhaft ist die Musik dazu. Verspielte Glissandi sind wie Schlangen und Drachenschwänze, die sich unheimlich und frech durch den Musikfluss winden. Präzise Lauffeuer aus aggressiv gezupften Saiten gehen durch das Streichquartett. Da fliegt die goldene Schere in die Luft und lässt die Ungeheuer ins Wasser fallen. Und die goldene Axt schlägt beiden die Köpfe ab. Sonne und Mond schwimmen auf dem Teich. Wie kommen sie an den Himmel? Die alte Frau weiss einen weiteren Zaubertrick. Taucht in den Teich und esst die Drachenaugen. Beim Essen kommt ganz kurz und neckisch die Bambusflöte zum Einsatz. Nun seid ihr so stark, dass ihr mit zwei Palmen die beiden Gestirne zum Himmel stemmen könnt. Schritt für Schritt untermalt die Musik das Gelingen. Die Wärme der aufsteigenden Sonne wird spürbar in vollen, reinen Akkorden, wunderschön umrankt vom Cello-Puls. Und beim Aufgehen des Mondes spielen zwei Streicher fröhlich, schnell, fast übermütig. Da geht ein Aufhorchen durch diesen musikalischen Himmel. Die Sonne ist da. Auf der Erde grünen die Pflanzen, Vögel zwitschern und Tiere tummeln sich auf den Weiden. Die Menschen sind glücklich, ernten Reis und Hirse und freuen sich. Abends geht der Mond auf und er behütet den Teich, damit keine bösen Drachen aufsteigen können. Bezaubernd schön die Musik, fernöstlich angehaucht und gleichzeitig vertraut. In den Bergen von Taiwan ist alles wieder gut.
Fränzi Frick ist eine grossartige Erzählerin. Mit ihrer Mimik und Ausstrahlung fesselt sie die Kinder von Anfang an. Mucksmäuschenstill und aufmerksam hören sie ihr bis zum guten Schluss der Geschichte zu. Das Streichquartett spielt Musik vom Schönsten. Darin liegt ein Zauber. Stets passend untermalen sie das Märchen, zeichnen mit zarten oder kräftigen Pinselstrichen. Es ist ein vielfältiger Klangkörper mit einem grossartigen Zusammenspiel. Erstaunlich wie viele Stimmungen mit diesen wenigen Instrumenten gestaltet werden. Mal sind sie traurig, mal hoffnungsvoll, mal voll Freude und Glück. Die Akkorde sind ein Ohrenschmaus. Da malen Zauberkünstler wunderschöne Klänge. Und Gross und Klein ist davon berührt.
Lang und herzlich ist der Applaus. Wer freut sich da nicht schon aufs nächste Kinderkonzert!